Das Europäische Chamäleon in Belezma (Algerien)

Das Europäische Chamäleon in Belezma (Algerien)

Verbreitung Wissenschaft

Das Belezma Biosphärenreservat wurde erst 2015 gegründet und liegt in der Provinz Batna im Norden Algeriens. Es überspannt eine Fläche von 262 km² in den Belezmabergen und liegt auf Höhen zwischen 915 und 2136 m üNN. Das Gelände besteht aus mediterranen Zedern-, Pinien- und Eichenwäldern, typischen Buschlandschaften (sogenannter Macchia), Klippen und nur saisonal vorhandenen Wasserläufen (sogennanten Oueds); etwa 53 km² bestehen aus Zedernwald. Bisher gab es von dort nur vereinzelte Veröffentlichungen zur Herpetofauna.  Eine aktuelle Übersichtsstudie zu dort vorkommenden Amphibien und Reptilien wurde nun von Biologen der Universität Batna erarbeitet.

Macchia im Belezma Biosphärenreservat

Die Tiere wurden ausschließlich mit dem bloßen Auge gesucht. Dabei liefen verschiedene Personen sowohl tagsüber als auch nachts unsystematisch Transekte ab, insgesamt 500 Stunden lang an 28 Orten innerhalb des Reservats. Die gefundenen Tiere wurden entweder direkt identifiziert oder fotografiert und wieder freigelassen.

Insgesamt konnten 23 Amphibien- und Reptilienarten gefunden und identifiziert werden. Chamaeleo chamaeleon wurde erstmals in Belezma nachgewiesen. Die Chamäleons wurden auf rund 1040 m in der charakteristischen Macchia sowie auf 1280 m in offenem Gelände gefunden. Die Macchia in Belezma besteht vorwiegend aus Eichen- und Olivenbäumen sowie Mastixsträuchern und phönizischem Wacholder.

Herpetofauna of Belezma Biosphere Reserve, province of Batna, northeastern Algeria
Messaoud Saoudi, Mohamed Bensaci, Abdeldjabar Necer, Houria Baazi, Zohra Nemili, Farouk Khelfaoui
African Journal of Biological Sciences 6 (15), 2024
DOI: 10.48047/AFJBS.6.15.2024.10672-10700

Neuer Fundort von Kinyongia magomberae

Neuer Fundort von Kinyongia magomberae

Verbreitung Wissenschaft

Wissenschaftler aus Tansania und England führten kürzlich eine Übersichsstudie zur Herpetofauna im Wald von Kimboza durch. Kimboza liegt im Osten Tansanias am Rande der Eastern Arc Mountains, einer 600 km langen Gebirgskette. Im Westen Kimbozas befinden sich die Uluguru-Berge, im Osten das Ruvu Reservat. Kimboza ist eines der kleinsten Reservate Tansanias mit einer Fläche von nur 4 km². Es reicht über Höhen von 170 bis 480 m.

Zum Nachweis von Reptilien und Amphibien wurden in zwei Nächten im Dezember und Januar sowie elf Monate am Stück zwischen Dezember und Juni zeitlich begrenzt manuell gesucht. Außerdem wurden entlang zweier Linien Eimerfallen in den Boden gesetzt, insgesamt zwischen 11 und 20 Eimer in je 5 m Entfernung zueinander. Die gefundenen Tiere wurden morphologich an Hand vorhandener Field Guides identifiziert. Von 12 Funden wurden Proben entnommen, um die Artidentifikation genetisch abzusichern.

Insgesamt konnten 42 verschiedene Reptilienarten sowie 29 Amphibienarten in Kimboza nachgewiesen werden. Unter den bekannten Chamäleons des Waldes waren wie erwartet Trioceros melleri, Rieppeleon brevicaudatus und Chamaeleo dilepis. Die Studie brachte aber auch Erstaunliches zu Tage: Kinyongia magomberae, eigentlich bekannt aus dem Wald von Magombera und aus dem Tiefland des Udzungwa Mountains Nationalpark, wurde dort gefunden. Das entspricht einer Erweiterung des Verbreitungsgebietes dieser Art von 128 km. In einer Studie von 1994 wird bereits einmal Kinyongia oxyrhina in Kimboza erwähnt. Bereits dabei könnte es sich um eine Verwechslung und eigentlich ein Kinyongia magomberae gehandelt haben. Die Art war früher möglicherweise viel weiter verbreitet als heute. Da die Tieflandregenwälder Tansanias jedoch seit vielen Jahrzehnten extensiv abgeholzt werden, hat sich der Lebensraum der Chamäleons stark verkleinert – und könnte zur Verbreitung einer Art in heute gar nicht mehr zusammenhängenden Waldgebieten geführt haben.

Kimboza, a small lowland forest with an outstanding herpetofauna diversity in east Africa
John V. Lyakurwa, Simon P. Loader, Wilirk Ngalason, Rikki Gumbs, Caleb Ofori-Boateng, H. Christoph Liedtke
Nature Notes 14(10), 2024
DOI: 10.1002/ece3.70406

Foto: Kinyongia magomberae, fotografiert von Andrew R Marshall im Wald von Mwanihana, Creative Commons Attribution 3.0 Unported

Vorkommen des Europäischen Chamäleons in Tlemcen (Algerien)

Vorkommen des Europäischen Chamäleons in Tlemcen (Algerien)

Verbreitung Wissenschaft

Das 21,6 km² große Tlemcen Hunting Reserve liegt im Norden Algeriens, in der gleichnamigen Provinz. Das Klima ist mediterran, die Provinz grenzt an das Alborán-Meer (den westlichsten Teil des Mittelmeers) und liegt direkt gegenüber dem Südosten Spaniens. Das Reservat liegt rund 26 km südwestlich der Stadt Tlemcen, der zweitgrößten Stadt Algeriens, und überspannt die höchsten Gebiete der Tlemcenberge.

Ein Tierarzt und eine Biologin vor Ort haben kürzlich eine Übersichtsstudie durchgeführt, welche Tiere aktuell im Reservat vorkommen. Um die Herpetofauna zu untersuchen, wurde entlang abgemessener Transekte manuell gesucht oder Fallen gestellt. Chamaeleo chamaeleon wurde mehrfach während der Studie vorgefunden.

Inventory of wildlife in the Tlemcen Hunting Reserve
Rafiq Rahmouni, Louiza Derouiche
Genetics and Biodiversity Journal 8(2), 2024
DOI: nicht vorhanden

Foto: Chamaeleo chameleon, fotografiert von Peter A. Mansfeld, Lizenz Creative Commons Attribution 3.0 Unported

Neue Berechnungsmodelle zum Artenverlust auf Madagaskar

Neue Berechnungsmodelle zum Artenverlust auf Madagaskar

Verbreitung Wissenschaft

Seit Längerem gibt es verschiedene Programme und Algorithmen, die auf Grund vorgegebener Daten verschiedene Vorhersagen darüber treffen können, wie viele Arten eines Landes oder einer Region in Zukunft vom Aussterben bedroht sein können. Bisher waren dafür für die jeweiligen Tierarten stets eine ganze Reihe Fundorte und Daten als Basis notwendig. Diese liegen für seltene Arten aber oft gar nicht vor.

Italienische Wissenschaftler haben nun einen Algorithmus namens ENphylo entwickelt, der Prognosen bereits ab zwei Beobachtungen pro Art tätigen kann. Er wurde parallel zu herkömmlichen Algorithmen an einem Modell mit 56 Chamäleon-Arten aus Madagaskar getestet. Vorkommen und Fundorte der Chamäleons wurden aus der Global Biodiversity Information Facility entnommen. Verschiedene Szenarien des Klimawandels sowie der fortschreitenden veränderten Flächennutzung wurden unter zu Hilfenahme von CHELSA und anderen Datenbanken für den Zeitraum zwischen den Jahren 2071 und 2100 inszeniert. Für jede der Chamäleon-Arten wurden in der Studie 45 Modellvorhersagen errechnet.

Als Ergebnis sagen die Wissenschaftler für die Arten Brookesia decaryi, Brookesia brunoi, Calumma globifer, Brookesia desperata, Brookesia karchei, Brookesia micra, Brookesia tristis, Calumma amber, Calumma guibei, Calumma ambreense, Calumma nasutum, Calumma fallax, Calumma peltierorum, Calumma boettgeri, Furcifer petteri und Furcifer willsii einen Habitatsverlust von über 90% voraus. Diese Arten würden dadurch bis ins Jahr 2100 durch Klimawandel und veränderte Landnutzung auf Madagaskar unmittelbar vom Aussterben bedroht sein. Die größten flächenmäßigen Verluste in potenziellen Lebensräumen seien in Trockenwäldern des Westens und Nordwestens und Tieflandregenwäldern der Ostküste zu erwarten. Dabei soll der potenzielle Habitatsverlust auch Arten betreffen, die nur in einem sehr kleinen Verbreitungsgebiet vorkommen, aber dort sehr häufig sind, wie Brookesia tuberculata.

Eine zunehmende Entwicklung des Lebensraumes wird lediglich für Furcifer oustaleti, Furcifer rhinoceratus, Calumma parsonii (leider ohne Angabe der Unterart), Calumma oshaughnessyi, Calumma crypticum, Calumma brevicorne und Brookesia supericilaris vermutet. Bis zum Jahr 2100 könnte Madagaskar nach den unterschiedlichen Berechnungsmodellen zwischen acht und elf Chamäleonarten verlieren.

Modelling reveals the effect of climate and land use change on Madagascar’s chameleons fauna
Alessandro Mondanaro, Mirko di Febbraro, Silvia Castiglione, Arianna Morena Belfiore, Girogia Girardi, Marina Melchionna, Carmela Serio, Antonella Esposito, Pasquale Raia
Communications Biology 7, 2024: 889
DOI: 10.1038/s42003-024-06597-5

 

Foto: Calumma crypticum in Ranomafana, Madagaskar, fotografiert von Alex Laube

Das Lappenchamäleon auf Serra da Neve (Angola)

Das Lappenchamäleon auf Serra da Neve (Angola)

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Der Inselberg Serra da Neve liegt in der Provinz Namibe im Südwesten Angolas am Südwestrand Afrikas. Auf ihm befindet sich der zweithöchste Berg des Landes mit 2489 m üNN. Die isolierte Lage in Mitten von Savannen macht den Inselberg zu einem Refugium der Artenvielfalt, doch diese ist bisher was Herps angeht eher schlecht erforscht. Wissenschaftler aus den USA, Portugal und Deutschland haben kürzlich eine erste Übersichtsstudie durchgeführt, um die Amphibien und Reptilien des Serra da Neve zu inventarisieren.

Dazu wurden seit 2016 drei Expeditionen durchgeführt, jede ging einige Tage lang. Acht Gebiete wurden zur Tiersuche ausgewählt, wobei sowohl felsige Gebiete als auch Wald, offenes Grasland und verschiedene Höhenlagen mit einbezogen wurden. Fallgruben, Schlingfallen, Gummischleudern und manuelle Suche bei Tage und bei Nacht wurden zum Auffinden der Tiere genutzt. Die vorgefundenen Individuen wurden allesamt getötet und für die Aufbewahrung und weitere Untersuchung im Museum präpariert.

Insgesamt konnten 59 Reptilien- und Amphibienarten auf dem Inselberg gefunden werden. Chamaeleo dilepis wurde ausschließlich um das Dorf Catchi, das auf 1590 m liegt, gefunden. Das Dorf ist umgeben von Granitfelsen und dem Waldgebiet von Miombo, das von Brachystegia– und Julbernardia-Bäumen dominiert wird. Die flachen Stellen des Plateaus, das das Dorf umgibt, sind weitestgehend abgeholzt. Die Flächen werden als Viehweiden oder zum Anbau von Getreide und Mais genutzt. Die steilen Hänge um das Dorf jedoch sind noch bewaldet. Außerdem durchzieht ein kleiner Fluss das Plateau.

An island in a sea of sand: A first checklist of the herpetofauna of the Serra da Neve inselberg, southwestern Angola
Mariana P. Marques, Diogo Parrinha, Manuel Lopes-Lima, Arthur Tiutenko, Aaron M. Bauer, Luis M. P. Ceríaco
ZooKeys 1201, 2024: pp. 167-217.
DOI: 10.3897/zookeys.1201.120750

Foto: entstammt der genannten Publikation

Potenzielle neue Verbreitungsgebiete des Europäischen Chamäleons

Potenzielle neue Verbreitungsgebiete des Europäischen Chamäleons

Verbreitung Wissenschaft

Das europäische Chamäleon (Chamaeleo chameleon) kam historisch in einigen kleinen Gebieten des Mittelmeerraums und in Mittelasien vor. Heute jedoch ist es viel weiter verbreitet. Man geht heute davon aus, dass die Tiere durch Menschen in ihre neuen Verbreitungsgebiete gebracht wurden und sich dort auf Grund der günstigen klimatischen Verhältnisse weiter vermehren konnten. Wissenschaftler haben sich nun damit beschäftigt, wo es weitere geeignete Habitate für das europäische Chamäleon gibt und wie die vorhandenen Populationen sich in den nächsten 50 Jahren entwickeln könnten.

Untersucht wurden die drei Unterarten Chamaeleo chamaeleon chamaeleon, Chamaeleo chamaeleon musae und Chamaeleo chamaeleon reticrista. Erstere ist bisher vom südlichen Rand Portguals und Spaniens sowie aus Süditalien, Algerien, Ägypten, Libyen, Malta, Marokko, Tunesien, der westlichen Sahara und aus dem Jemen bekannt. Zweitere Unterart kommt aktuell im Jordan, Israel und Ägypten vor. Die dritte Unterart kommt zwischen Griechenland und der Türkei vor, auf Zypern, in Israel, im Libanon und Syrien, ist aber eigentlich beheimatet im Norden Afrikas und im Mittleren Osten. Sie wurde wohl von Menschen im Süden Spaniens und Portguals eingeführt, wird dort heute aber als native species angesehen.

Zur Studie wurden die bisher vorhandene Literatur durchforstet, Beprobungen durch den Autor selbst, OpenStreetMaps und Informationen der Global Biodiversity Information Facility (GBIF) herangezogen und statistisch aufbereitet sowie ausgewertet. Klima, Topographie, Habitat der Fundorte und Verbindungen der bestehenden Poplationen wurden für Vorhersagen zu potenziell geeigneten neuen Lebensräumen genutzt.

Insgesamt flossen 553 Funde von Chamaeleo chamaeleon in die Studie ein. 22% der Funde konnten Stadtgebieten zugeordnet werden, 21% Buschland und 18% fielen auf landwirtschaftlich genutzten Grund. Die meisten Funde wurden auf Höhen von 0 bis 100 m üNN gemacht. Nicht verwunderlich war, dass die aktuell von Chamaeleo chamaeleon besiedelten Gebiete sich als sehr geeignetes Habitat erwiesen. Potenzielle gut geeignete, neue Verbreitungsgebiete in der Zukunft könnten die Iberische Insel zwischen Murcia und der Algarve in Portugal sein, Sizilien, Kalabrien, Apulien und Sardinien in Italien, Marokko, Tunesien, Libyen, die Region zwischen Israel und dem Libanon im Mittleren Osten, Zypern sowie alle Küsten und Inseln des Ägäischen Meeres sein. Insgesamt wird für die nächsten 50 Jahre eine progressive Zunahme an allen schon vorhandenen Habitaten des europäischen Chamäleons vermutet. Davon ausgenommen sind wahrscheinlich lediglich einige Regionen in Tunesien sowie der Türkei. Weitere Habitatsverluste werden an der Ägäischen Küste in der Türkei und Israel angenommen. In Spanien und Portgual könnte das Verbreitungsgebiet sich nach Westen verschieben.

Habitat suitability and connectivity modelling predict a latitudinal-driven expansion in the Mediterranean basin for a historically introduced reptile
Davide Serva, Viviana Cittadino, Ilaria Bernabò, Maurizio Biondi, Mattia Iannella
European Journal of Wildlife Resarch 70 (27), 2024
DOI: 10.1007/s10344-024-01780-9

Die beiden Grafiken stammen beide aus der genannten Veröffentlichung.

Neue Hoffnung für das Tarzan-Chamäleon

Neue Hoffnung für das Tarzan-Chamäleon

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Calumma tarzan, das Tarzan-Chamäleon, wurde erst 2010 beschrieben. Es wurde damals benannt nach seinem Fundort Tarzanville, einem kleinen Dorf in der Region Anosibe An’Ala im zentralen Osten Madagaskars. Auf Grund des bis dahin angenommenen sehr kleinem Verbreitungsgebiet wurde die Art auf der roten Liste der IUCN direkt als „vom Aussterben bedroht“ (critically endangered) eingestuft.

In den Jahren 2020 und 2021 haben madagassische Wissenschaftler an vielen weiteren Orten im Osten Madagaskars nach der Art gesucht – und sind prompt fündig geworden, wie eine aktuelle Publikation berichtet. Dazu suchten sie 46 Transekte von je einem Kilometer Länge in 23 verschiedenen Waldfragmenten ab. Weitere 28 Transekte von je 200 Meter Länge wurden untersucht, um die Populationsdichte einschätzen zu können.

Calumma tarzan konnte in 14 von 23 untersuchten Waldfragmenten gefunden werden. Keines dieser Vorkommen davon war zuvor bekannt. Die Art kam auf Höhen von 604 bis 1048 m vor. Die Populationsdichtenschätzung fiel sehr unterschiedlich aus. In einigen Gebieten leben nur 25 Chamäleons pro Hektar, in anderen mehr als dreimal so viele, nämlich 78.

Aktuell sind nur wenige der Waldfragmente geschützt. Die vorliegende Arbeit unterstreicht daher, wie dringend es ist, weitere Schutzgebiete in den östlichen Regenwäldern Madagaskars zu errichten. Nur so kann das Tarzan-Chamäleon noch gerettet werden.

New distribution records and population density of the critically endangered Tarzan chameleon (Calumma tarzan), eastern Madagascar
Alain J.V. Rakotondrina, Raphali R. Andriantsimanarilafy, Hanta J. Razafimanahaka, Achille P. Raselimanana, Rikki Gumbs, Caleb Ofori-Boateng, Jody M. Taft, Fanomezana M. Ratsoavina
African Journal of Herpetology, 2024
DOI: 10.1080/21564574.2023.2291358

Chamäleons in Bobaomby (Madagaskar)

Chamäleons in Bobaomby (Madagaskar)

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Der Bobaomby-Komplex liegt am nördlichsten Zipfel Madagaskars, nördlich und westlich der größten Küstenstadt des Nordens, Antsiranana (französisch Diego Suarez). Er besteht aus Trockenwald auf Meeresniveau bis maximal 200 m üNN sowie ausgedehnten Savannen auf Karstgestein und verschiedenen Felsformationen. Bisher unterliegt die Gegend keinerlei Schutz.

Wissenschaftler aus Madagaskar führten 2018 Zählungen von Reptilien im Bobaomby Komplex durch. Gezählt wurde im Februar und März, also während der Regenzeit. Fünf verschiedene Orte wurden untersucht: Beantely, Antsisikala und Ambanililabe als Beispiele unterschiedlich stark zerstörten Trockenwalds, Anjiabe wegen seines intakten Trockenwalds und Ampombofofo mit relativ intaktem Wald. Um Tiere zu finden, wurde an 25 Tagen zum einen mit dem bloßen Auge tagsüber und nachts in ausgewählten Transekten gesucht, teils gezielt in geeignet erscheinenden Habitaten wie Blattachseln oder unter toten Baumstämmen, zum anderen wurden Fallgruben entlang aufgestellter Zäune genutzt.

Insgesamt wurden 42 Reptilienarten nachgewiesen. Alle davon, ausgenommen eine Gecko-Art, kommen ursprünglich nur auf Madagaskar vor, zwei weitere Gecko-Arten findet man inzwischen auch auf benachbarten Inseln. Bei den Chamäleons gibt es eine kleine Neuerung: Erstmals konnte das Erdchamäleon Brookesia ebenaui in Bobaomby, genauer in Beantely, nachgewiesen werden. Brookesia stumpffi und Furcifer petteri wurde in Beantely, Anjiabe und Ampombofofo gefunden. Furcifer pardalis und Furcifer oustaleti kamen wie erwartet im gesamten Bobaomby-Komplex vor.

Die Autoren schlagen vor, den Bobaomby-Komplex – insbesondere aber die drei Wälder, in denen die meisten Reptilien gefunden wurden, unter Schutz zu stellen, um die dortige Herpetofauna zu erhalten.

Overview of reptile diversity from Bobaomby complex, northern tip of Madagascar
Randriamialisoa, Raphali R. Andriantsimanarilafy, Alain J. Rakotondrina, Josué A. Rakotoarisoa, Nasaina T. Ranaivoson, Jeanneney Rabearivony, Achille P. Raselimanana
Animals 13: 3396, 2023
DOI:  10.3390/ani13213396

Foto: Furcifer petteri, männlich, im Norden Madagaskars, fotografiert von Alex Laube

Das Indische Chamäleon in Solapur (Indien)

Das Indische Chamäleon in Solapur (Indien)

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Dass das Indische Chamäleon in Maharashtra vorkommt, ist schon länger bekannt. Eine jetzt erschienene Übersichtsstudie hat es sogar in einem nur mit Gras und Büschen bewachsenen Gebiet nahe Solapur nachgewiesen.

Bei dem untersuchten Gebiet handelt es sich um einen 15 km² großen Bereich aus semi-aridem Grasland rund um ein für einen Flughafen vorgesehenes Gelände auf 450 bis 500 m Höhe. Das nächste Dorf ist Boramani, ein kleiner Ort vor den Toren der Großstadt Solapur im Bundesstaat Maharashtra im Westen Indiens. Ein Jahr lang wurde viermal pro Monat etwa die Hälfte des Graslandes auf das Vorkommen von Reptilien untersucht. Dabei wurden Quadrate von 50 m x 50 m mit je mindestens 300 m Distanz untereinander angelegt. Jeder Beobachtungszeitraum bestand aus fünf Stunden und ausschließlich Beobachtungen mit dem bloßen Auge.

Während der Studienzeit konnten 888 Individuen aus 14 verschiedenen Arten von Reptilien nachgewiesen werden. Dabei waren mehr als 300 Tiere davon Sitana laticeps, eine Echse mit aufstellbarem Kehlsegel. Unter den aufgefundenen Arten waren zwei Chamaeleo zeylanicus. Die Aktivität der Echsen stieg ab März an, stabilisierte sich während der Monsun-Saison im Juni-Juli und sank ab August dann wieder ab.

Die Autoren plädieren für den Schutz des Grasland-Gebietes auf Grund der vorhandenen Artenvielfalt. Damit soll der Bau des Flughafens und damit das Verschwinden des Lebensraums verhindert werden.

 Ecology of lizards in an ecologically significant semi-arid grassland patch near Solapur, Maharashtra, India
Mahindrakar Yogesh Y., Waghmare Akshay M., Hippargi Rajshekhar V.
International Journal of Zoological Investigations 9 (2) 2023, pp. 210-223
DOI: 10.33745/ijzi.2023.v09i02.022

Erkenntnisse zu den Synonymen von Trioceros ituriensis

Erkenntnisse zu den Synonymen von Trioceros ituriensis

Verbreitung Wissenschaft

Für das kongolesische Ituri-Chamäleon (Trioceros ituriensis) existieren seit etlichen Jahrzehnten Synonyme. Bei zweien davon stellt eine aktuelle Veröffentlichung des Herpetologen Wolfgang Böhme in Frage, ob sie nicht doch eigene Arten sein könnten.

Der US-amerikanische Herpetologe Karl Patterson Schmidt beschrieb das Chamäleon 1919 als Chamaeleon ituriensis. Als Typuslokalität gab Schmidt damals Medje, Ituri-Wald, in der Demokratischen Republik Kongo an. Ihm fiel bereits die äußerliche Ähnlichkeit zu Chamaeleon johnstoni affinis auf, weshalb er genau das als Synonym von seinem Chamaeleon ituriensis angab. Dabei darf Chamaeleon johnstoni affinis nicht mit dem heutigen Trioceros affinis verwechselt werden, einer eigenen Art aus Äthiopien, die bereits 1845 beschrieben worden war. Im Laufe des 20. Jahrhundert wurde Chamaeleo johnstoni affinis in die Gattung Trioceros gestellt, mal für eine eigene Unterart gehalten, mal wieder nicht. Böhme hält fest, dass es sich bei Trioceros johnstoni affinis definitiv um ein Synonym von Trioceros ituriensis handelt. Unterschiede zwischen Trioceros johnstoni und Trioceros ituriensis sind die Körpergröße, der „umgedrehte“ Geschlechtsdimorphismus (bei T. ituriensis sind die Weibchen größer als die Männchen), eine weiße Linie entlang des Bauches, mehrere Reihen vergrößerter Schuppen entlang der Körperseite, konische Schuppen an den Seiten des Kehlsacks und das Fehlen von rostralen und präokularen Hörnern in männlichen T. ituriensis.

Unklar dagegen ist für den Autor der Artstatus von Chamaeleo laevigularis. Die Art wurde ursprünglich 1926 aus Südafrika beschrieben, dann als Synonym von Trioceros johnstoni betrachtet und 2010 von Tilbury als T. ituriensis identifiziert. Böhme überlegt wegen unterschiedlicher Beschuppung des Kehlsacks, ob bei der Erstbeschreibung entweder ein falscher Fundort vermerkt wurde oder es sich um eine eigene Art handelt, die aber ausgestorben oder verschollen sein könnte.

Böhme kommt außerdem zu dem Schluss, dass das 1994 von Neĉas beschriebene Trioceros tremperi möglicherweise ebenfalls eine bereits ausgestorbene Art oder verschollene Art darstellen könnte und der Fundort schlicht einer fehlerhaften Angabe entsprach. Trioceros tremperi wurde zuletzt von Tilbury 2010 und Spawls 2018 als Synonym für Trioceros ituriensis angegeben. In der Typuslokalität in Kenia waren die Chamäleons bisher  kein weiteres Mal gefunden worden.

Documenting synonymies in Trioceros ituriensis (Schmidt, 1929) with remarks on sexual dimorphism in chameleons (Squamata: Chamaeleonidae)
Wolfgang Böhme
Revue Suisse de Zoologie 130(2), 2023: pp. 521-264
Nachtrag: Korrektur von 2024
DOI: 10.35929/RSZ.0099

Foto: Trioceros ituriensis im Wald von Budongo, Uganda, fotografiert von Katja Rembold