Phylogenetik bei afrikanischen Zwergchamäleons

Phylogenetik bei afrikanischen Zwergchamäleons

Wissenschaft

In den Archiven von Museen und anderen zoologischen Sammlungen sind nach wie vor viele Einzel-Gen-Fragmentdaten enthalten. Obwohl es heute relativ einfach möglich ist, ganze Genome zu entschlüsseln und Material zur Aufbewahrung entsprechend zu präparieren, war es das früher lange Zeit nicht. Wissenschaftler an der Universität von Johannesburg (Südafrika) haben nun untersucht, ob und wenn ja welche Bestandteile dieser Einzelgene bei Zwergchamäleons Rückschluss auf das gesamte Genom bezüglich der Erstellung von phylogenetischen Stammbäumen geben können.

Von 44 Zwergchamäleons wurden während diverser Expeditionen zwischen 2010 und 2022 Proben in Form von abgeschnittenen Schwanzspitzen entnommen. Die beprobten Tiere wurden in den Provinzen Eastern Cape, KwaZulu-Natal, Limpopo, Mpumalanga, Northern Cape und Western Cape gefangen und wieder freigelassen. Sie gehörten zu den Arten Bradypodion barbatulum, caeruleogula, caffrum, damaranum, gutturale, melanocephalum, ngomeense, occidentale, pumilum, setaroi, taeniabronchum, thamnobates, transvaalense, ventrale, venustum sowie candidate species aus Greytown, Kamberg. Karkloof Forest und Gilboa Forest in KwaZulu-Natal. Als Referenzgenom wurde ein bereits vorhandenenes Mitogenom eines Chamaeleo chamaeleon verwendet. Außerdem wurden die Mitogenome von sieben anderen Genera zum Vergleich aus der GenBank geladen.

Aus allen Proben wurde DNA extrahiert und phylogenetisch mit unter anderem Geneious Prime und IQ-Tree analysiert. Insgesamt 22 verschiedene Alignments konnten erstellt werde: Ein vollständiges Mitogenom-Alignment (ohne tRNA), 15 Alignments einzelner Loci, das kurze Fragment von 16S, ein häufig verwendetes COI-Fragment, eine Verkettung von 16S-Fragment mit ND2, eine Verkettung von ND2 und ND5, eine Verkettung der beiden ribosomalen Untereinheiten  und eine Verkettung aller proteinkodierenden Gene (PCG).  Eine statistische Auswertung der Daten folgte.

Die Ergebnisse zeigten, dass die vollständige Mitogenom-Topologie weitestgehend mit den bisher veröffentlichten Phylogenesen afrikanischer Zwergchamäleons aus ND2-16S-Verkettungen übereinstimmen. Die Phylogenese basierend auf den ND2-Fragmenten erwies sich als stabiler und war sogar noch näher am Mitogenom dran. Diese Genfragmente sind also gut dazu geeignet, ein Genom und damit eine Chamäleon-Art phylogenetisch einzuordnen. Ein paar Unterschiede zu den bisher veröffentlichten Phylogenesen gab es jedoch auch. Die Mitogenom-Topologie sieht Bradypodion setaroi und Bradypodion caffrum als Schwestertaxa an. Außerdem gehört Bradypodion ngomeense möglicherweise genetisch in die Bradypodion transvaalense clade hinein, anstatt nur ein Schwestertaxon derselben zu sein.

The efficacy of single mitochondrial genes at reconciling the complete mitogenome phylogeny – a case study on dwarf chameleons
Devon C. Main, Jody M. Taft, Anthony J. Geneva, Bettine Jansen van Vuuren, Krystal A. Tolley
PeerJ 12:e17076, 2024
DOI: 10.7717/peerj.17076

Foto: Bradypodion transvaalense, fotografiert von Ryan van Huyssteen, Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International

Das Mikrobiom von Zwergchamäleons

Das Mikrobiom von Zwergchamäleons

Tiermedizin Wissenschaft

Seit einigen Jahren schon ist der Begriff des Mikrobioms sehr populär. Man bezeichnet damit bei Mensch und Tier die Gesamtheit aller Mikroorganismen, die ein Lebewesen besiedeln. Die meisten davon besiedeln den Magen-Darm-Trakt. Bei Chamäleons existiert zu diesem Thema bisher nur sehr begrenzte Literatur. Eine Masterarbeit aus Südafrika beschäftigt sich nun mit der bakteriellen Zusammensetzung des Mikrobioms bei südafrikanischen Zwergchamäleons der Gattung Bradypodion.

Es wurden 60 Backenabstriche von wild lebenden Chamäleons in KwaZulu-Natal entnommen. Davon waren 20 Backenabstriche von Bradypodion melanocephalum, 20  von Bradypodion thamnobates und 20 von Bradypodion setaroi. Die gleichen 60 Tiere wurden nach der Beprobung in Stoffsäckchen zur Forschungsbasis transportiert, wo die Tiere 24 Stunden lang in 3,3 l-Boxen gehalten wurden, um Kotproben zu bekommen. Da nicht alle der ursprünglichen 60 Chamäleons Kot absetzten, wurde Kot von weiteren Chamäleons gesammelt.

Die Proben wurden allesamt genetisch untersucht. 40,43% der Proben enthielten Firmicutes, einen ähnlich großen Anteil der Proben enthielten mit 36,86% Proteobacteria. Mit etwas Abstand folgten dann Bacteroidota, die in knapp 16% der Proben nachgewiesen werden konnten. In deutlich geringerer Anzahl (bis 2%) kamen Verrucomicrobiota, Fusobacteriota, Actinobateriota, Spirochäten, Desulfobakteroa, Cyanobakterien, Thermoplamatota, Deferribacterota, Synergistota, Campylobacterota, Deinococcota, Halobacterota, Euryarchaeota, Elusimicrobiota und Myxococcota vor.

Das Mikrobiom bei Zwergchamäleons der Arten Bradypodion melanocephalum, Bradypodion thamnobates und Bradypodion setaroi ähnelt insgesamt dem anderer Reptilien. Es besteht vor allem aus Proteobakterien und Firmicutes, die womöglich zur Verdauung beitragen. Eine bestimmte Bakterienart deutet außerdem darauf hin, dass zur Nahrung der untersuchten Zwergchamäleons Käfer der Gattung Dendrophagus gehören könnten. Das Mikrobiom aller drei Zwergchamäleon-Arten ähnelte sich bei den Backenabstrichen stark – man spricht hier von einer Phylosymbiose –  während es im Kot Unterschiede in der Zusammensetzung zwischen den Arten gab. Dabei war es bei allen drei Zwergchamäleon-Arten so, dass im Kot deutlich mehr unterschiedliche Bakterien als in den Backenabstrichen gefunden wurden. Ein Vergleich zwischen Männchen und Weibchen erbrachte keine wesentlichen Unterschiede im Mikrobiom aller drei Chamäleonarten. Der Autor geht davon aus, dass die Bakterienarten von den unterschiedlichen Habitaten der jeweiligen Art abhängen. Unklar ist noch, inwiefern das Mikrobiom mit Bakterien zusammenhängt, die ein Chamäleon vielleicht mit Futterinsekten oder vom Boden seiner Umgebung aufnimmt. Eine ausführliche Auflistung der vorgefundenen Bakterienarten findet sich im Anhang der Publikation.

The Hitchhiker’s Guide to dwarf chameleons (Bradypodion): The composition and function of the microbiome
Matthew G. Adair
Master of Science Dissertation an der Universität von Johannesburg, 2023
DOI: nicht vorhanden