Zwergchamäleons in Südafrika in städtischer Umgebung größer als in der Natur

Zwergchamäleons in Südafrika in städtischer Umgebung größer als in der Natur

Wissenschaft

Zwergchamäleons der Gattung Bradypodion aus Südafrika sind seit Längerem dafür bekannt, sich sehr gut auch an städtische Lebensräume anzupassen. Zwei Wissenschaftler Aus Kapstadt und Johannesburg haben nun untersucht, wie sich verschiedene Populationen in Körpergröße, -gewicht und Body Condition Score voneinander innerhalb städtischer und natürlicher Umgebungen unterscheiden.

Untersucht wurden innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren insgesamt 1107 Individuen von fünf verschiedenen Zwergchamäleon-Arten. Dazu wurden Bradypodion damaranum in George (Westkap), Bradypodion melanocephalum in Durban (KwaZulu-Natal), Bradypodion setaroi in St. Lucia (KwaZulu-Natal), Bradypodion thamnobates in Howick (KwaZulu-Natal) und Bradypodion ventrale in Jeffrey’s Bay (Ostkap) and jeweils drei bis acht Standorten nachts gesucht. Als “natürlicher Standort” wurden Waldfragmente, Grassavannen oder Küstenbuschland in weniger als 15 km Entfernung vom Zentrum der nächsten Stadt eingestuft. Als „städtisch“ wurde alle Standorte eingestuft, die innerhalb einer Stadt lagen und aus sowohl eingeschleppter als auch einheimischer, von Menschenhand regelmäßig zurückgeschnittener Flora bestanden (Gärten, öffentliche Parks und Grünflächen, Straßenränder). Die gefundenen Zwergchamäleons wurden vermessen, gewogen, geschlechtsbestimmt und mit einem Filzstift markiert, um doppelte Messungen an gleichen Tieren zu vermeiden. Offensichtich trächtige Weibchen wurden nicht vermessen.

Bei der statistischen Auswertung und Vergleichen fiel auf, dass die Chamäleons an natürlichen Standorten im Durchschnitt stets kleiner und leichter waren als die Populationen der gleichen Arten an städtischen Standorten. Signifikant größer und schwerer in der Stadt waren bei Bradypodion damaranum beide Geschlechter, bei Bradypodion melanocephalum, ventrale und setaroi die Männchen und bei Bradypodion thamnobates die Weibchen. Der Body Condition Score war in Stadtgebieten bei beiden Geschlechtern von Bradypodion damaranum und setaroi sowie Männchen von Bradypodion melanocephalum höher als bei den Chamäleons an Naturstandorten. Bei Bradypodion ventrale und thamnobates zeigten sich keine Unterschiede zwischen den verschiedenen Populationen im Body Condition Score.

Forschung, wie es genau zu diesen spannenden Unterschieden kommt, steht noch aus.

Big cities, big bodies: urbanisation correlates with large body sizes and enhanced body condition in African dwarf chameleons (Genus: Bradypodion)
Jody M. Barends, Krystal A. Tolley
African Zoology 2024, 59(3)
DOI: 10.1080/15627020.2024.2402256

Foto: Bradypodion melanocephalum, fotografiert von suncana, Lizenz Creative Commons Attribution 4.0 International

 

Das Mikrobiom von Zwergchamäleons

Das Mikrobiom von Zwergchamäleons

Tiermedizin Wissenschaft

Seit einigen Jahren schon ist der Begriff des Mikrobioms sehr populär. Man bezeichnet damit bei Mensch und Tier die Gesamtheit aller Mikroorganismen, die ein Lebewesen besiedeln. Die meisten davon besiedeln den Magen-Darm-Trakt. Bei Chamäleons existiert zu diesem Thema bisher nur sehr begrenzte Literatur. Eine Masterarbeit aus Südafrika beschäftigt sich nun mit der bakteriellen Zusammensetzung des Mikrobioms bei südafrikanischen Zwergchamäleons der Gattung Bradypodion.

Es wurden 60 Backenabstriche von wild lebenden Chamäleons in KwaZulu-Natal entnommen. Davon waren 20 Backenabstriche von Bradypodion melanocephalum, 20  von Bradypodion thamnobates und 20 von Bradypodion setaroi. Die gleichen 60 Tiere wurden nach der Beprobung in Stoffsäckchen zur Forschungsbasis transportiert, wo die Tiere 24 Stunden lang in 3,3 l-Boxen gehalten wurden, um Kotproben zu bekommen. Da nicht alle der ursprünglichen 60 Chamäleons Kot absetzten, wurde Kot von weiteren Chamäleons gesammelt.

Die Proben wurden allesamt genetisch untersucht. 40,43% der Proben enthielten Firmicutes, einen ähnlich großen Anteil der Proben enthielten mit 36,86% Proteobacteria. Mit etwas Abstand folgten dann Bacteroidota, die in knapp 16% der Proben nachgewiesen werden konnten. In deutlich geringerer Anzahl (bis 2%) kamen Verrucomicrobiota, Fusobacteriota, Actinobateriota, Spirochäten, Desulfobakteroa, Cyanobakterien, Thermoplamatota, Deferribacterota, Synergistota, Campylobacterota, Deinococcota, Halobacterota, Euryarchaeota, Elusimicrobiota und Myxococcota vor.

Das Mikrobiom bei Zwergchamäleons der Arten Bradypodion melanocephalum, Bradypodion thamnobates und Bradypodion setaroi ähnelt insgesamt dem anderer Reptilien. Es besteht vor allem aus Proteobakterien und Firmicutes, die womöglich zur Verdauung beitragen. Eine bestimmte Bakterienart deutet außerdem darauf hin, dass zur Nahrung der untersuchten Zwergchamäleons Käfer der Gattung Dendrophagus gehören könnten. Das Mikrobiom aller drei Zwergchamäleon-Arten ähnelte sich bei den Backenabstrichen stark – man spricht hier von einer Phylosymbiose –  während es im Kot Unterschiede in der Zusammensetzung zwischen den Arten gab. Dabei war es bei allen drei Zwergchamäleon-Arten so, dass im Kot deutlich mehr unterschiedliche Bakterien als in den Backenabstrichen gefunden wurden. Ein Vergleich zwischen Männchen und Weibchen erbrachte keine wesentlichen Unterschiede im Mikrobiom aller drei Chamäleonarten. Der Autor geht davon aus, dass die Bakterienarten von den unterschiedlichen Habitaten der jeweiligen Art abhängen. Unklar ist noch, inwiefern das Mikrobiom mit Bakterien zusammenhängt, die ein Chamäleon vielleicht mit Futterinsekten oder vom Boden seiner Umgebung aufnimmt. Eine ausführliche Auflistung der vorgefundenen Bakterienarten findet sich im Anhang der Publikation.

The Hitchhiker’s Guide to dwarf chameleons (Bradypodion): The composition and function of the microbiome
Matthew G. Adair
Master of Science Dissertation an der Universität von Johannesburg, 2023
DOI: nicht vorhanden

Faktoren der geografischen Ausbreitung von Chamäleons

Faktoren der geografischen Ausbreitung von Chamäleons

Wissenschaft

Schon lange wird versucht zu ergründen, wie und warum Chamäleons sich über den afrikanischen Kontinent, auf Inseln und bis nach Europa und Asien ausgebreitet haben. Französische Wissenschaftler haben jetzt in Zusammenarbeit mit internationalen Kollegen mittels Phylogenetik und verschiedenen Berechnungsmodellen untersucht, wie sich die Faktoren Körpergröße, küstennaher Lebensraum und extreme Lebensweisen auf die Verbreitung verschiedener Chamäleonarten ausgewirkt haben könnte. Die Studie untersuchte 181 Arten, die sich auf neun biogeografische Hauptregionen aufteilen: Nordafrika und Arabien, Zentralafrika, Südostafrika, Südwestafrika, Indien, Sokotra, Madagaskar, die Komoren und die Seychellen.

Chamäleonarten, die mehr als 10 km vom Meer entfernt vorkamen, verbreiteten sich historisch deutlich weniger als die 74 küstennah lebende Chamäleonarten. Ein ähnliches Phänomen ist von Skinken und Krokodilen bekannt. Die Verbreitung fand wahrscheinlich vor allem entlang der Küsten statt, zumeist auf dem gleichen Kontinent und nur selten über das Wasser zu anderen Kontinenten oder Inseln hin.

Die Größe der verschiedenen Chamäleons scheint ihre Ausbreitung in der Geschichte ebenfalls beeinflusst zu haben: Große Chamäleons verbreiteten sich weiter und häufiger als kleine Chamäleons. Das könnte damit zusammenhängen, dass größere Chamäleons eine geringere Stoffwechselrate haben – damit benötigen sie im Verhältnis zu kleineren Konkurrenten insgesamt weniger Energie. Außerdem legen größere Chamäleons Gelege mit deutlich mehr Eiern, wodurch sie ganz einfach zahlenmäßig im Vorteil sind.

Ein etwas unerwartetes Ergebnis erbrachte die Untersuchung verschiedener Lebenszyklen. Man würde zunächst annehmen, dass kurze Lebenszyklen mit schnellerer Verbreitung einhergehen. Tatsächlich zeigten die Berechnungen, dass vor allem Chamäleonarten mit extremen Lebenszyklen sich weiter verbreiteten. Wer also besonders langsam oder besonders schnell reproduzierte, war historisch unter Chamäleons erfolgreicher als die Arten „im Mittelfeld“. Die Autoren überlegen diesbezüglich, ob besonders langsame Lebenszyklen mit später Geschlechtsreife und langer Trächtigkeit möglicherweise auf dem gleichen Kontinent erfolgreicher sind, während schnellere Vermehrungsstrategien mit großen Gelegen günstiger für die Verbreitung übers Meer auf Inseln und andere Kontinente sind. Dazu passt, dass Furcifer polleni und Furcifer cephalolepis auf den Komoren und Chamaeleo zeylanicus in Indien, alles drei Beispiele für eine Ausbreitung übers Wasser, einen sehr schnellen Lebenszyklus aufweisen.

Die 34 Chamäleonarten mit der Kombination küstennah lebend, groß und extremen Lebenszyklus hatten zu 98% eine höhere Verbreitungsrate als Arten ohne diese Merkmale.  Insgesamt handelt es sich sicherlich um eine sehr theoretische Studie, die aber dennoch spannende Aufschlüsse über die historische Ver- und Ausbreitung von Chamäleons aufzeigt.

Chameleon biogeographic dispersal is associated with extreme life history strategies
Sarah-Sophie Weil, Laurie Gallien, Sébastien Lavergne, Luca Börger, Gabriel W. Hassler, Michaël P.J. Nicolaï & William L. Allen
Ecography
DOI: 10.1111/ecog.06323