Geschlechtschromosomen bei Chamäleons

Geschlechtschromosomen bei Chamäleons

Wissenschaft

Welches bei Chamäleons die Geschlechtschromosomen sind, ist bisher eher spärlich untersucht worden. Von der madagassischen Chamäleongattung Furcifer ist bekannt, dass sie über Z und W-Chromosomen verfügen, wobei manchmal auch mehrere Z-Chromosomen auftreten, so genannte Neo-Geschlechtschromosomen. Kürzlich wurde nun in Tschechien mehr dazu geklärt.

Blut- und Gewebeproben wurden von 13 Chamäleon entnommen, um DNA zu isolieren. Zu den beprobten Tieren gehörten jeweils ein Männchen und ein Weibchen der Arten Brookesia therezieni, Calumma glawi, Calumma parsonii, Chamaeleo calyptratus, Furcifer campani, Furcifer labordi, Furcifer lateralis, Furcifer oustaleti, Furcifer pardalis, Furcifer rhinoceratus, Furcifer viridis, Kinyongia boehmei und Trioceros johnstoni. Lediglich bei den Furcifer oustaleti wurden zwei Weibchen beprobt. Anschließend wurden die Z1-Chromosomen der Pantherchamäleons und die Z- und W-Chromosomen mittels Mikrodissektion untersucht. Gene Coverage Analysen wurden für Teppich- und Pantherchamäleons durchgeführt. Außerdem wurden qPCRs durchgeführt, um die Homologie der Z-Chromosomen zu vergleichen.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Morphologie der Z1-Chromosomen von Pantherchamäleons dem Z-Chromosom der gesamten Gattung Furcifer entspricht. Das Z1-Chromosom der Pantherchamäleons entspricht damit dem Z-Chromosom bei Furcifer oustaleti. Das Z2-Chromosom der Pantherchamäleons dagegen ist ein Neo-Geschlechtschromosom. Sowohl das Z- als auch das W-Chromosom bei Furcifer oustaleti sind wahrscheinlich pseudautosomal. 42 Gene wurden als spezifisch für das W-Chromosom beschrieben.

Insgesamt wurden 16.947 Gene in Furcifer lateralis und 16.909 Gene in Furcifer pardalis identifiziert. Das Verhältnis der Genzahl zwischen Weibchen und Männchen beträgt 0,35 und 0,65 für die beiden Arten. Bei Panther- und Teppichchamäleons stellte sich heraus, dass die meisten Gene der W- und Z-Chromosomen gleich sind, verhältnismäßig wenige Gene fanden sich nur auf dem W-Chromosom. Diese Erkenntnis ist überraschend, da die Forscher eigentlich erwartet hätten, dass das heterochromatische W bei Furcifer-Arten einen Großteil seiner Gene gegenüber dem Z-Chromosom verloren hätte.

Die Geschlechtschromosomen der Gattung Furcifer haben sich wahrscheinlich vor mindestens 20 Millionen Jahren entwickelt, was etwa dem Zeitpunkt der Absplittung der Art Furcifer campani von den übrigen Furcifer-Arten entspricht.

Heteromorphic ZZ/ZW sex chromosomes sharing gene content with mammalian XX/XY are conserved in Madagascan chameleons of the genus Furcifer
Michail Rovatsos, Sofia Mazzoleni, Barbora Augstenová, Marie Altmanová, Petr Velenský, Frank Glaw, Antonio Sanchez, Lukáš Kratochvíl
Scientific Reports 14, 2024: 4898.
DOI: 10.1038/s41598-024-55431-9

Neue Fallberichte zur Hemipenesamputation

Neue Fallberichte zur Hemipenesamputation

Tiermedizin

Von der Universität Sofia (Bulgarien) stammt eine neue Veröffentlichung mit mehreren Fallberichten, in denen auch Chamäleons vorkommen. Die Autoren beschreiben 16 Fälle verschiedener Echsen, die einen Hemipenisvorfall erlitten und deren Behandlung.

Unter den Echsen waren ein Pantherchamäleon (Furcifer pardalis) und zwei Jemenchamäleons (Chamaeleo calyptratus). Alle drei Patienten wurden den Tierärzten mit beidseitigem Hemipenesvorfall vorgestellt. Zunächst wurden die Vorfälle in 20%iger Dextrose-Lösung gebadet, danach konnten die Hemipenes manuell zurückverlagert werden. Die Vorfälle traten danach jedoch erneut auf, so dass man sich für eine chirurgische Lösung entschied. Unter intramuskulär verabreichter Vollnarkose und Lokalanästhesie wurden die Hemipenes abgesetzt, die Wunde vernäht und der verbliebene kleine Stumpf zurück in die jeweilige Hemipenestasche verlagert. Als Schmerzmittel wurde Meloxicam einmal täglich über 5 Tage nach der Operation verabreicht. Nur Echsen, bei denen das Operationsfeld bei den Nachuntersuchungen abzusterben schien, wurden für 10  Tage unter Antibiose gesetzt.

Hemipenectomy in leopard geckos, chameleons and bearded dragons
Seven Mustafa & Iliana Ruzhanova-Gospodinova
Tradition and Modernity in Veterinary Medicine, 2024
DOI: nicht vorhanden

Foto: Pantherchamäleon, fotografiert von Alex Laube auf Madagaskar

Hautverfärbungen nach Mückenstichen

Hautverfärbungen nach Mückenstichen

Tiermedizin Wissenschaft

Manchmal beginnt Wissenschaft ganz klein: Auf der Onlineplattform iNaturalist postete jemand letztes Jahr ein Foto eines Calumma globifer, auf dem eine Stechmücke saß. Genau dort konnte man eine schwarze Verfärbung der Schuppen erkennen. Ob da wohl ein Zusammenhang bestand?

Eine Hand voll neugieriger Menschen suchte mehr Fotos von Stechmücken auf Chamäleons und wurde fündig: Auf Facebook gab es welche von Jemenchamäleons, auf iNaturalist weitere von Furcifer minor und Furcifer nicosiai. Allerdings fanden sich auch sechs Beobachtungen mit Stechmücken auf Chamäleons, bei denen keine schwarzen Punkte vorhanden zu sein schienen.

Um den Zusammenhang zu testen, setzen Wissenschaftler auf Madagaskar zwei Furcifer oustaleti und vier Teppichchamäleons jeweils alleine in ein Gehege mit 25 weiblichen asiatischen Tigermücken (Aedes albopictus), die man vorher 24 h nicht gefüttert hatte. Parallel wurden alle sechs Chamäleons mit einer Nadel in die Haut gestochen, um zu testen, ob auch dieses „Trauma“ einen Farbwechsel der Haut auslösen würde. Die Ergebnisse waren überraschend: Bei den vier Furcifer lateralis entstanden zahlreiche schwarze Hautverfärbungen nach Mückenstichen, bei den beiden Furcifer outaleti keine einzige. Die Punktionen mit der Nadel blieben bei allen sechs ohne Folgen.

Die Autoren des gerade veröffentlichten Artikels schlagen drei mögliche Theorien vor, wie die Farbveränderung in der Chamäleonhaut zustanden kommen könnte: Der Mückenspeichel könnte eine Art Lokalanästhetikum, Stickstoffmonoxid oder andere Proteine enthalten, die für das ausschließliche Sichtbarwerden der Melanophoren der Haut sorgen. Weitere Forschung in diesem Feld wäre sicherlich spannend!

Mosqito bite-induced color change in chameleon skin
Pablo Garcia, Raul E. Diaz Junior, Christopher V. Anderson, Tovo M. Andrianjafy, Len de Beer, Devin A. Edmonds, Ryan M. Carney
Herpetological Review 54(3), 2023, pp.353-358

Histologie der Chamäleonleber

Histologie der Chamäleonleber

Tiermedizin Wissenschaft

Histologische Untersuchungen von Organgewebe gehören zu jeder pathologischen Untersuchung in der Tiermedizin. Bei Reptilien werden sie ebenfalls häufig angefertigt, Studien zur Histologie von gesundem Organgewebe gibt es aber wenige. Eine arabische Publikation beschäftigt sich jetzt mit histologischen Schnitten von Chamäleonlebern.

Sieben adulte Jemenchmäleons wurden in Abha City in der Region Aseer gefangen und anschließend mit Äther-Inhalation getötet. Die Lebern wurden in Formalin eingelegt, um sie dann in Paraffin zu gießen und Schnitte anzufertigen.

Morphologisch zeigte sich in der Sektion – wie bereits bekannt – die Leber als zweilappiges, dunkelbraunes Organ von ungefähr 3,7 x 2 cm Größe, das in der Coelomhöhle vor dem Magen liegt und die Gallenblase umschließt. Wie bei anderen Tieren umschließt eine Kapsel aus Bindegewebe die Leber.

Histologisch ähnelt die Leber bei Jemenchamäleons dem anderer Wirbeltiere in vielen Aspekten. Die Leberkapsel besteht aus dicht beieinander liegenden, kollagenen Fasern und glatten Muskelfasern. Normalerweise teilt trabekuläres Bindegewebe die Leber selbst in viele kleine Läppchen, eine solche Struktur scheint bei Jemenchamäleons aber nicht vorhanden zu sein. Die Leberzellen (Hepatozyten) sind auch im Gegensatz zu Säugetieren nicht radiär um jeweils eine Vene angeordnet, sondern eher unregelmäßig in Follikeln oder Alveolen. Die Hepatozyten sind von kapillaren Blutgefäßen umgeben. In den Blutgefäßen sind sogenannte Melanomakrophagen zu sehen, die es bei Vögeln und Säugetieren nicht gibt. Die Hepatozyten beim Jemenchamäleon sind polyedrisch oder pyramidenförmig und enthalten meistens mehrere große, runde Zellkerne in der Peripherie. Die Zellkerne enthalten auffällig dunkle Nucleoli. Hin und wieder sind Zellkerne zentral. Unter Hämatoxylin-Eosin-Färbung (HE) wirken die Hepatozyten sehr eosinophil. Im Bindegewebe konnten Zweige der Pfortader, Leberarterie, kleine Gallengänge und Lymphgefäße dargestellt werden. Im Bereich direkt unter der Leberkapsel konnte hämatopoetisches Gewebe gefunden werden.

Neben der histologischen Untersuchung wurden mehrere Leberstücke außerdem mittels Transmissionselektronenmikroskopie untersucht. Aufnahmen beider Untersuchungsmethoden finden sich in der Veröffentlichung.

Histomorphological, histochemical and ultrastructural studies on the healthy liver of Yemen Veiled Chameleon (Chamaeleo calyptratus) in Southern Saudi Arabia
Amin A. Al-Doaiss, Mohammed A. Alshehri, Ali A. Shati, Mohammad Y. Alfaifi, Mohammed A. Al-Kahtani, Ahmed Ezzat Ahmed, Refaat A. Eid, Laila A. Al-Shuraym, Fahd A. Al-Mekhlafi, Mohammed Al Zahrani, Mohammed Mubarak
International Journal of Morphology 41(5), 2023: pp. 1513-1526.
DOI: nicht vorhanden

Bild: Histologisches Schnittbild der Leber eines Jemenchamäleons aus der oben genannten Veröffentlichung

Zoonotisches Potenzial von Jemenchamäleons auf Gran Canaria (Spanien)

Zoonotisches Potenzial von Jemenchamäleons auf Gran Canaria (Spanien)

Wissenschaft

Die kanarischen Inseln liegen nordwestlich von Afrika nahe der Küste von Marokko. Auf Gran Canaria, der zweitgrößten Insel, sind von über 1000 Pflanzen- und Tierarten rund 290 eingeschleppt, also Arten, die ursprünglich nicht dort vorkommen. Seit mindestens 2017 gibt es freilebende Jemenchamäleons (Chamaeleo calyptratus) auf Gran Canaria. Spanische Wissenschaftler haben nun untersucht, ob von dieser eingeschleppten Chamäleonpopulation zoonotisches Potenzial ausgehen könnte.

Untersucht wurden 40 Jemenchamäleons, die von Red de Alerta Temprana de Canarias para la Detección e Intervención de Especies Exóticas Invasoras in Arucas zuvor gefangen und getötet worden waren. 36 der Chamäleons waren adult, vier juvenil. Bei jedem Chamäleon wurde Darminhalt entnommen und mittels diverser Methoden auf das Vorkommen verschiedener Bakterien untersucht.

Bei 28 der Jemenchamäleons wurde mindestens eine der gesuchten Bakterien gefunden. Rund die Hälfte der Chamäleons wies Yersinia enterocolitica auf, was die höchste bisher für dieses Bakterium nachgewiesene Prävalenz bei Reptilien ist. Das Bakterium kann beim Menschen unter anderem Durchfall verursachen. Unklar ist, wie die Jemenchamäleons sich damit infizierten – möglicherweise über Insekten. 16 der Jemenchamäleons wiesen Salmonellen im Darm auf. Salmonellen sind sehr häufig bei Reptilien und wurde auf Gran Canaria sogar schon bei endemischen Arten nachgewiesen. Ebenfalls häufig bei Reptilien gefunden werden Pseudomonas, die im Darm von 13 Tieren nachgewiesen werden konnten. Zwei Jemenchamäleons waren mit Campylobacter infiziert, bei einem davon konnte Campylobacter lari identizifiert werden. Dieses Bakterium kann selten bei Menschen zu Erkrankungen führen, für die sonst bei Reptilien üblichen Arten ist jedoch kein krankmachendes Potenzial für den Menschen bekannt. Campylobacter lari wurde bisher vor allem in Meeresfrüchten und Vögeln nachgewiesen – möglich ist, dass das Jemenchamäleon an der Küste das Bakterium aufgenommen hat und nicht selbst mitbrachte. Drei Jemenchamäleons wiesen Escherichia coli auf, was bei Menschen in seltenen Fällen zum hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS) führen kann. Weitere zwei Chamäleons hatten Listeria monocytogenes im Darm, was bei Aufnahme mit dem Essen bei Schwangeren gefährlich werden kann. Fünf Jemenchamäleons hatten Mykobakterien, davon wurden mehrere als nicht-tuberkulös infiziert. Staphylokokken wurden in sieben Chamäleons nachgewiesen, sie gehören allerdings zur normalen Hautflora. Fünf Isolate waren jedoch positiv für Resistenzen gegenüber bestimmten Antibiotika, was bei Staphylococcus aureus beim Menschen zunehmend zum Problem wird. Zuletzt konnte in einem einzelnen Jemenchamäleon Vibrio nachgewiesen werden, von denen einige Arten Durchfall beim Menschen auslösen können. Das Bakterium wurde früher schon bei eingeschleppten Anolis auf Teneriffa nachgewiesen.

Die Autoren halten fest, dass ein zoonotisches Potenzial für den Mensch durch das Handling eingeschleppter Jemenchamäleons auf Gran Canaria besteht. Inwiefern eine reale Gefahr für Menschen als auch endemische Tierarten besteht, muss jedoch weiter untersucht werden.

Study of zoonotic pathogens in alien population of Veiled Chameleons (Chamaeleo calyptratus) in the Canary Islands (Spain)
Román Pino-Vera, Néstor Abreu-Acosta, Pilar Foronda
Animals 13 (14), 2023
DOI:  10.3390/ani13142288

Zwillingsschlupf bei Jemenchamäleons in Lettland

Zwillingsschlupf bei Jemenchamäleons in Lettland

Kurzmitteilungen Nachzuchten

Aus Riga wurde der Schlupf von zwei Zwilingspaaren bei Jemenchamäleons (Chamaeleo calyptratus) in Lettland gemeldet. Die Elterntiere leben im Zoo von Riga, die Jungtiere schlüpften im März 2022. Bei den Zwillingen handelte es sich um zwei männliche und zwei weibliche Jemenchamäleon, die jeweils als Paar in je einem Ei waren. Sie stammen aus einem Gelege von 85 Eiern, von denen letztendlich 48 schlüpften. Alle vier Jungtiere zeigten sich zunächst aktiv und nahmen Futter an. Im Alter von zwei Monaten starb eines der Jungtiere, die drei übrigen lebten im Februar 2023 noch immer.

Der Artikel gibt außerdem eine kurze Übersicht über Fälle von Zwillingen bei Reptilien aus der bereits vorhandenen Literatur.


A review of twinning in lizards and a report of Veiled Chameleon (Chamaeleo calyptratus) twin births
Alessandro di Marzio, Elza Birbele, Lucia Puchades, Andris Lazdiņš
Herpetology Notes 16: 471-476, 2023
DOI:

Foto: Eines der Zwillingspaare beim Schlupf

Wie und wann Jemenchamäleons vibrieren

Wie und wann Jemenchamäleons vibrieren

Wissenschaft

Manche Chamäleonarten können vibrieren wie Smartphones – das wissen die meisten Chamäleonhalter. Das bekannteste Beispiel für diese Fähigkeit ist das Jemenchamäleon (Chamaeleo calyptratus).  Gleich zwei neue Artikel von Wissenschaftlern aus den USA beschäftigen sich nun damit, wozu diese Vibrationen gut sind, wie sie entstehen und wie das Jemenchamäleon sie überhaupt einsetzt.

Neun adulte Jemenchamäleons (drei weiblich, sechs männlich) und sechs juvenile Jemenchamäleons (drei weiblich, drei männlich) nahmen insgesamt an den ersten Versuchen teil. Im ersten Experiment wurden elf davon einzeln nacheinander auf einem 77 cm langen und 5 mm dickem Holzstab platziert. Sobald sich das Chamäleon mittig daraufgesetzt hatte, wurde der Holzstab Vibrationen von 25, 50, 150, 300 und 600 Hz ausgesetzt. Nach jedem Stimulus wurde verglichen, ob das Chamäleon sich schneller, langsamer oder genauso wie vorher bewegte. Bei den Jungtieren wurde, um sie überhaupt zu Bewegung zu motivieren, nahe dem Ende des Holzstabes eine Pflanze angebracht. Zusätzlich sorgte ein kleiner Lüfter für die Imitation von leichtem Wind. Für das zweite Experiment wurden nacheinander alle 15 Jemenchamäleons in eine oben offene Holzbox auf einen 122 cm langen Holzstab gesetzt. Mit einer 27 G Kanüle wurde den Tieren in den Oberarm gepiekt. Ein auf den Helm, bei Jungtieren auf den Ast geklebter Beschleunigungssensor maß darauf erfolgte Reaktionen (Vibrationen) der Chamäleons.

Die Ergebnisse sind spannend: Adulte Jemenchamäleons reagierten auf 50 und 150 Hz zuverlässig mit „einfrieren“, also völliger Bewegungslosigkeit. Jungtiere dagegen reagierten mit diesem Verhalten auf andere Frequenzen, nämlich 50 und 300 Hz. Alle adulten Jemenchamäleons zeigten selbst Biotremore (Vibrationen). Bei den Jungtieren konnten die Wissenschaftler zwar bei allen Vibrationen spüren, aber nicht alle konnten mit dem Sensor nachgewiesen werden. Die Vibrationen wurden in zwei Klassen eingeteilt: „Hupen“ (hoots) mit durchschnittlich 7,5 dB und „Mini-Hupen“ (mini-hoots) mit -32,5 dB. Je länger die größeren Vibrationen andauerten, desto niedriger war die Frequenz.

Eine zweite Versuchsreihe verwendete sechs adulte Jemenchamäleons (vier männlich, zwei weiblich), vier juvenile Jemenchamäleons sowie ein adultes Chamaeleo gracilis. Je zwei Chamäleons wurden in eine durch eine Plexiglasscheibe in zwei Abteile getrennte Holzbox gesetzt. Mittels Videoaufnahme und Beschleunigungssensor wurden die Reaktionen aufeinander gemessen. Getestet wurden gleichgeschlechtliche Jemenchamäleons, Paare von Jemenchamäleons, ein Jemenchamäleon mit Chamaeleo gracilis und adulte gegenüber juvenilen Jemenchamäleons. Die adulten Jemenchamäleons zeigten in rund 85% der Versuche Vibrationen im Zusammenhang mit anderen adulten Jemenchamäleons. Die Stärke der Vibrationen war individuell sehr unterschiedlich. Klarer Auslöser der Biotremore schien der visuelle Kontakt zu einem anderen Chamäleon zu sein. Drohgebärden und aggressives Verhalten führten mit höherer Wahrscheinlichkeit zu Vibrationen. In der zweiten Versuchsreihe wurde neben dem Hupen eine dritte Variante von Biotremoren entdeckt, ein Grollen (rumbles).

Communication via biotremors in the Veiled Chameleon (Chamaeleo calyptratus): Part I – Biotremor production and response to substrate-borne vibrations
Kathryn L. Denny, Steve Huskey, Christopher V. Anderson, Michael E. Smith
Integrative and Comparative Biology, 2023
DOI: 10.1093/icb/icad085

Communication via biotremors in the Veiled Chameleon (Chamaeleo calyptratus): Part II – Social contexts
Kathryn L. Denny, Steve Huskey, Christopher V. Anderson, Michael E. Smith
Integrative and Comparative Biology, 2023
DOI: 10.1093/icb/icad084

Langzeitstudie zur Spermagewinnung bei Chamäleons

Langzeitstudie zur Spermagewinnung bei Chamäleons

Tiermedizin Wissenschaft

Assistierte Reproduktion, also medizinische Nachhilfe bei der Fortpflanzung, kommt im Artenschutz von extrem seltenen Tieren wie Spix-Ara oder nördlichen Breitmaulnashörnern in den letzten Jahren immer häufiger zum Zuge. Bei Reptilien gibt es bisher dagegen erst wenige Studien zur assistierten Reproduktion, speziell bei Chamäleons nur vereinzelte. Wissenschaftler aus den USA haben nun eine Studie dazu an männlichen Jemen- und Pantherchamäleons (Chamaeleo calyptratus und Furcifer pardalis) durchgeführt.

An der Louisiana State University wurden je 16 Männchen beider Arten unter standardisierten Bedingungen über ein Jahr lang gehalten. Die Pantherchamäleons wurden bei einem US-amerikanischen Züchter erworben, die Jemenchamäleons von einem Händler, der sie wiederum der Population wild lebender Jemenchamäleons in Florida entnommen hatte. Alle Männchen wurden einzeln in ReptiBreeze gehalten, ausgestattet mit automatischer Beregnung und künstlichen Pflanzen. Die Temperaturen lagen tagsüber bei rund 28-29°C mit Spots zum Aufsuchen höherer Werte. 12 h UV-B-Bestrahlung am Tag wurde angeboten. Gefüttert wurde mit Heimchen und Zophobas.

Vor Beginn der Studie wurden alle 32 Chamäleons klinisch untersucht und mehrere Parasitenbehandlungen durchgeführt. Erst nach einem Monat der Akklimatisierung begann dann die eigentliche Studie. Während des Studienjahres wurden alle Chamäleons zwei Mal pro Monat in Narkose gelegt. Jedes Mal wurde Blut aus der ventralen Schwanzvene oder der Jugularvene entnommen, um die Testosteron-Konzentration zu bestimmen. Mittels Ultraschalles wurde die Größe der Hoden vermessen. Zudem wurde jedes Mal versucht, mittels Elektroejakulation Sperma zu gewinnen. Bei der Elektroejakulation wurde eine kleine Metallsonde in die gesäuberte Kloake eingeführt. Jedes Chamäleon wurde dann bis zu drei Mal hintereinander mit bis zu 15 Stromstößen von 0,1/0,2/0,3 mAs behandelt. Die Absamversuche wurden abgebrochen, sobald das Tier ejakulierte. Das gewonnene Sperma wurde konserviert und auf Ejakulatvolumen, Vorhandensein von Spermien, Spermienbeweglichkeit, -konzentration und -morphologie untersucht.

Die Ergebnisse lassen vermuten, dass Jemenchamäleons bei gleichbleibenden Haltungsbedingungen eine sogenannte prenuptiale Fortpflanzungsstrategie verfolgen. Die Testosteronkonzentration im Blut stieg bereits an, bevor das Spermavolumen der Männchen ihr Maximum erreicht hatte. Die besten Absamerfolge brachten die Monate Mai, April und Juni, das meiste Sperma brachten Elektroejakulationen im dritten Anlauf. Auch die Hodengrößen unterschieden sich übers Jahr, mit den größten Messungen von August bis Dezember.

Pantherchamäleons dagegen scheinen einer postnuptialen Fortpflanzungsstrategie zu folgen. Bei ihnen konnte das meiste Sperma erst weit nach dem höchsten Punkt der Testosteronkonzentration gewonnen werden. Die Absamungen klappten am besten im März, April, Mai und Juni. Wesentlich häufiger als bei Jemenchamäleons funktionierte die Elektroejakulation bei Pantherchamäleons schon im ersten Versuch. Die Hodengrößen variierten auch hier übers Jahr, allerdings waren sie mehrheitlich in den schon genannten Monaten am größten. Gemeinsam mit den genannten Faktoren veränderte sich ebenso das Volumen des Ejakulats, die Spermienkonzentration, -beweglichkeit und -morphologie im Jahresverlauf.

Die Autoren empfehlen, Elektroejakulation bei Chamäleons generell nur in Narkose durchzuführen. Die Erfolgsrate beim Absamen lag in den beiden höchsten Fällen bei 82 und 88%, was den Erfolgen bei anderen Reptilien während deren Fortpflanzungssaison entspricht. Die Mortalitätsrate unter den 32 Tieren lag über das ganze Jahr lediglich bei 0,12%. Ein Pantherchamäleon starb nach 10 Monaten während der 20. Narkose, nach dem Tod wurde ein Nierenschaden festgestellt. Aus der geringen Mortalitätsrate schließen die Autoren, dass die Elektroejakuation eher keine Rolle in der Entwicklung von Nierenerkrankungen spiele, wie es in anderen Studien vermutet wurde. Eine Untersuchung des Bluts auf Nierenwerte wurde allerdings bei keinem der überlebenden Chamäleons nach der Studie durchgeführt. Unklar bleibt auch, welche Rolle die fehlende Imitation von Regen- und Trockenzeit im Jahresverlauf für beide Arten und deren Fortpflanzungszyklus spielt.

Characterizing the annual reproductive cycles of captive male veiled chameleons (Chamaeleo calyptratus) and panther chameleons (Furcifer pardalis)
Sean M. Perry, Sarah R. Camlic, Ian Konsker, Michael Lierz, Mark A. Mitchell
Journal of Herpetological Medicine and Surgery 33 (1), 2023, pp. 45-60
DOI: 10.5818/JHMS-D-22-00037

Vergleiche an Gliedmaßen von Hadramautagame und Jemenchamäleon

Vergleiche an Gliedmaßen von Hadramautagame und Jemenchamäleon

Wissenschaft

Ein jemenitischer Biologe der Al Saeed Universität hat kürzlich Messungen an zwei verschiedenen Reptilienarten vorgenommen, um deren Vorder- und Hintergliedmaßen strukturell und funktional zu vergleichen. Sowohl die Hadramautagame (Acantocercus adramitanus) als auch das Jemenchamäleon (Chamaeleo calyptratus) kommen in gleichen Lebensräumen im Jemen vor, sie bewohnen jedoch unterschiedliche Mikrohabitate und bewegen sich unterschiedlich fort. Während die Agame vorwiegend am Boden und im niedrigen Gebüsch lebt, ist das Jemenchamäleon ein reiner Baumbewohner.

Für die Studie wurden jeweils 10 Exemplare beider Arten in Taiz aus der Natur entnommen. Die Kopf-Rumpf-Länge der Agamen lagen zwischen 52 und 125 mm, die der Chamäleons zwischen 90 und 200 mm. Die Tiere wurden getötet und die Gliedmaßen entfernt, gefärbt und dann vermessen.

Der Aufbau der Gliedmaßen war prinzipiell bei beiden Arten gleich, Hände und Füße unterschieden sich jedoch deutlich voneinander. Die Hadramautagame hat fünf Carpalknochen, während beim Jemenchamäleon die distalen Carpalknochen 2,3 und 4 verschmolzen sind. Bei beiden Arten fehlen die distalen Tarsalknochen 2 und 5. Beim Jemenchamäleon fehlen die bei der Agame variabel vorkommenden Sesamknöchelchen. Wie zu erwarten war, sind die Röhrenknochen der Jemenchamäleons an Vorder- und Hintergliedmaßen nahezu gleich lang, während bei den Agamen die Vordergliedmaßen deutlich kürzer als die Hintergliedmaßen sind. Insgesamt sind alle langen Röhrenknochen beim Jemenchamäleon länger als bei der Hadramautagame.

The skeletal characteristics of limb of two endemic lizard species (Acantocercus adramitanus and Chamaeleo calyptratus) in Yemen
Yaser H.A. Obady
Al-Saeed University Journal of Humanities and Applied Sciences 06 (1) 2023: pp. 188-210
DOI: 10.17161/randa.v30i1.18614