Neue Berechnungsmodelle zum Artenverlust auf Madagaskar

Neue Berechnungsmodelle zum Artenverlust auf Madagaskar

Verbreitung Wissenschaft

Seit Längerem gibt es verschiedene Programme und Algorithmen, die auf Grund vorgegebener Daten verschiedene Vorhersagen darüber treffen können, wie viele Arten eines Landes oder einer Region in Zukunft vom Aussterben bedroht sein können. Bisher waren dafür für die jeweiligen Tierarten stets eine ganze Reihe Fundorte und Daten als Basis notwendig. Diese liegen für seltene Arten aber oft gar nicht vor.

Italienische Wissenschaftler haben nun einen Algorithmus namens ENphylo entwickelt, der Prognosen bereits ab zwei Beobachtungen pro Art tätigen kann. Er wurde parallel zu herkömmlichen Algorithmen an einem Modell mit 56 Chamäleon-Arten aus Madagaskar getestet. Vorkommen und Fundorte der Chamäleons wurden aus der Global Biodiversity Information Facility entnommen. Verschiedene Szenarien des Klimawandels sowie der fortschreitenden veränderten Flächennutzung wurden unter zu Hilfenahme von CHELSA und anderen Datenbanken für den Zeitraum zwischen den Jahren 2071 und 2100 inszeniert. Für jede der Chamäleon-Arten wurden in der Studie 45 Modellvorhersagen errechnet.

Als Ergebnis sagen die Wissenschaftler für die Arten Brookesia decaryi, Brookesia brunoi, Calumma globifer, Brookesia desperata, Brookesia karchei, Brookesia micra, Brookesia tristis, Calumma amber, Calumma guibei, Calumma ambreense, Calumma nasutum, Calumma fallax, Calumma peltierorum, Calumma boettgeri, Furcifer petteri und Furcifer willsii einen Habitatsverlust von über 90% voraus. Diese Arten würden dadurch bis ins Jahr 2100 durch Klimawandel und veränderte Landnutzung auf Madagaskar unmittelbar vom Aussterben bedroht sein. Die größten flächenmäßigen Verluste in potenziellen Lebensräumen seien in Trockenwäldern des Westens und Nordwestens und Tieflandregenwäldern der Ostküste zu erwarten. Dabei soll der potenzielle Habitatsverlust auch Arten betreffen, die nur in einem sehr kleinen Verbreitungsgebiet vorkommen, aber dort sehr häufig sind, wie Brookesia tuberculata.

Eine zunehmende Entwicklung des Lebensraumes wird lediglich für Furcifer oustaleti, Furcifer rhinoceratus, Calumma parsonii (leider ohne Angabe der Unterart), Calumma oshaughnessyi, Calumma crypticum, Calumma brevicorne und Brookesia supericilaris vermutet. Bis zum Jahr 2100 könnte Madagaskar nach den unterschiedlichen Berechnungsmodellen zwischen acht und elf Chamäleonarten verlieren.

Modelling reveals the effect of climate and land use change on Madagascar’s chameleons fauna
Alessandro Mondanaro, Mirko di Febbraro, Silvia Castiglione, Arianna Morena Belfiore, Girogia Girardi, Marina Melchionna, Carmela Serio, Antonella Esposito, Pasquale Raia
Communications Biology 7, 2024: 889
DOI: 10.1038/s42003-024-06597-5

 

Foto: Calumma crypticum in Ranomafana, Madagaskar, fotografiert von Alex Laube