Zur Population von Furcifer labordi in Andranomena (Madagaskar)

Zur Population von Furcifer labordi in Andranomena (Madagaskar)

Wissenschaft

Nachdem wir bereits im letzten Jahr hier einen Preprint zum Habitat des Labordes Chamäleon (Furcifer labordi) in Andranomena, Madagaskar, besprochen haben, folgte nun die finale Veröffentlichung nach dem Peer Review. Tatsächlich wurde die Ausrichtung des Papers noch einmal überdacht und angepasst.

Labordes Chamäleon (Furcifer labordi) ist seit einigen Jahren als kurzlebigstes Chamäleon der Welt bekannt. Fünf Wissenschaftler aus Madagaskar haben zuletzt untersucht, welche Faktoren einen Einfluss auf die Verbreitung und Populationsgröße der Art haben. Die Studie wurde durchgeführt im Spezialreservat Andranomena, das rund 30 km nördlich der Küstenstadt Morondava im Westen Madagaskars liegt. Das Spezialreservat verfügt über verschiedene von den Chamäleons genutzte Lebensräume, so zum Beispiel intakter Trockenwald mit Gewässer-nahen und -fernen Anteilen sowie nachwachsenden / stark veränderten Wald.

Zur Schätzung der Populationsdichte von Furcifer labordi wurde sogenanntes Distance Sampling angewandt. Dazu wurde jeder Waldteil auf 150 m Breite in je drei 50 m-Transekte unterteilt. Nachts wurden die Chamäleons dann mit der Taschenlampe gesucht, ihr Fundort ausgemessen und die Tiere selbst mit Nagellack farblich markiert. Kotproben wurden gesammelt und untersucht. Tags darauf wurden pro Fundort je eine 5 x 5 m große Parzelle um den Fundort selbst sowie mindestens 5 m entfernt entlang der Transektlinie markiert. In allen Parzellen wurde der Deckungsgrad des Baumkronendach in Prozent, die Dicke der Laubschicht am Boden sowie Boden deckender Pflanzen in Zentimetern, die Anzahl der Sträucher bis 1 m, die Anzahl der Bäume über 1 m siwue due Anzahl gefällter und verbrannter Bäume gezählt. Fünf Tage nach der ersten Zählung wurden nachts erneut Chamäleons gesucht und gezählt. Zusätzlich wurden mittels Lichtfallen Insekten gezählt und identifiziert. Entlang eines 1400 m langen Transekts wurden außerdem exemplarisch Beobachtungen von sechs Arten von Greifvögeln und vier Arten von Schlangen gezählt. Die genauen Arten werden leider nicht mehr genannt.

Statistische Auswertungen ergaben, dass mehr Furcifer labordi in Waldabschnitten vorkamen, in denen das Kronendach dichter sowie die Laubschicht am Boden dicker war und insgesamt mehr Bäume standen. In den Waldteilen, in denen überhaupt keine Chamäleons gefunden waren, wurden deutlich mehr gefällte Bäume gezählt. Die beobachteten Prädatoren bzw. deren Vorkommen schienen keinen Einfluss auf die Populationsdichte der Chamäleons zu haben. Auch die vorkommenden vermuteten Futtertiere, mehrheitlich Insekten, zeigten erstaunlicherweise keinerlei Auswirkung auf die Verbreitung der Chamäleonpopulation. Die Höhe der Äste, auf denen Furcifer labordi aufgefunden wurden, varriierten stark über den Beobachtungszeitraum. Ein Zusammenhang konnte jedoch weder bei Alter noch Geschlecht gefunden werden. Vorlieben bei der Auswahl der genutzten Pflanzen konnten bei den Chamäleons nicht beobachtet werden. Die verschiedenen Altersgruppen zeigten des Weiteren keine deutliche Präferenz bei der Wahl ihres Mikrohabitats.

Die Autoren schließen daraus, dass die sinkende Populationsgröße vor allem durch den Verlust des Lebensraumes zustande kommt. Der Lebensraumverlust in Andanomena ist fast nur menschlichen Ursprungs (Abholzung für Landwirtschaft und Viehweiden, Brandrodung).

Analyses spatiales de population de Furcifer labordi (Grandidier, 1972) dans la Réserve Spéciale d’Andranomena, Morondava-Madagascar
Philibertin Honoré Djadagna Ahy Nirindrainiarivony, Achille Philippe Raselimanana, Lily-Arison René de Roland, Willy Nathoo Veriza, Daudet Andriafidison
European Scientific Journal 20 (15), 2024,
DOI: 10.19044/esj.2024.v20n15p48
Informationen zum Preprint

 

Chamäleons als Beute von Compsophis infralineatus

Chamäleons als Beute von Compsophis infralineatus

Beobachtungen Wissenschaft

Einige interessante Beobachtungen wurde kürzlich im zentralen Osten Madagaskars gemacht. Zwei Schlangen der Art Compsophis infralineatus, wurden dabei beobachtet, wie sie versuchten, Chamäleons als Beute zu verschlingen. Insgesamt weiß man von diesen Schlangen nicht besonders viel, man hielt sie jedoch lange vor allem für Frosch- und Eierfresser. Eine Beobachtung von 2018 berichtet bereits von einem Fressversuch einer anderen Compsophis-Art bei einem Chamäleon, das jedoch wieder ausgewürgt wurde.

Die aktuellen Beobachtungen wurden im privaten Regenwald von Vallombre Natiora nahe Mandraka gemacht. Bei Nachtwanderungen konnte eine adulte Compsophis infralineatus beim Verzehr eines adulten Calumma gastrotaenia entdeckt werden. Es wurde nicht der gesamte Prozess des Verzehrs beobachtet, die Schlange war bei Rückkehr an den Ort verschwunden, das Chamäleon ebenfalls. Die Autoren gehen davon aus, dass das Chamäleon erfolgreich verschlungen wurde. In der gleichen Nacht wurde eine weitere Schlange der gleichen Art beim Versuch, ein adultes Calumma crypticum zu fressen, gesehen. Das Chamäleon lebte noch und versuchte sich von der Umwindung der Schlange zu befreien, was jedoch zunächst nicht gelang. Später wurde die gleiche Schlange erneut gesehen, sie hing mit dem Maul im Rücken des offenbar noch lebenden, aber nicht mehr von der Schlange umschlungenen Chamäleons. Auf dem Foto scheint es, als würde das Chamäleon noch leben.

Predation on the chameleons Calummy crypticum Raxworthy and Nussbaum, 2006 and C. gastrotaenia (Boulenger, 1888) by the snake Compsophis infralineatus (Günther 1882) near Mandaka, Madagascar
Devin A. Edmonds and Samina S. Sam-Edmonds
Herpetology Notes (17), 2024: pp. 327-328
DOI:  nicht vorhanden

Foto: entstammt der oben genannten Publikation, CC BY-NC-ND 4.0

Länger im Ei als am Leben

Länger im Ei als am Leben

Internationaler Chamäleontag

Ein Chamäleon, das länger im Ei ist als am Leben? Das gibt es! Natürlich ist es nicht bei jedem Labords Chamäleon (Furcifer labordi) so. Aber tatsächlich handelt es sich dabei um das wahrscheinlich kurzlebigste Chamäleon der Welt. Sie leben im Westen Madagaskars, wo es die meiste Zeit des Jahres sehr heiß und trocken ist. In der kurzen, intensiven Regenzeit schlüpfen die Chamäleons, wachsen in Rekordgeschwindigkeit zum adulten Tier heran, paaren sich sofort und legen schnell Eier, bevor die meisten noch in der gleichen Saison sterben. Das durchschnittliche Labords Chamäleon lebt dadurch nur drei bis fünf Monate! Dagegen liegen die Eier bis zur nächsten Regenzeit zwischen acht und zehn Monaten im Boden. Je nachdem, wie eine Regenzeit im Westen Madagaskars ausfällt, kann es also beim Labords Chamäleon passieren, dass im schlechtesten Fall die gesamte Population dieser Art nur im Ei existiert. Eine faszinierende, aber auch etwas gruselige Vorstellung.

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Foto: Furcifer labordi Männchen, fotografiert von Lennart Hudel, Creative Commons Attribution 4.0 International

Über 100 Jahre verschollen

Über 100 Jahre verschollen

Internationaler Chamäleontag

Wusstest du, dass es ein Chamäleon gibt, das über 100 Jahre als verschollen galt? Das Voeltzkows Chamäleon (Furcifer voeltzkowi) war zuletzt 1913 gesehen worden. Seitdem galt es als verschollen, weil man weder den genauen Fundort kannte noch wusste, wie die Weibchen aussehen. Tatsächlich lebte die Art im Westen Madagaskars auf einer Halbinsel direkt gegenüber der großen Küstenstadt Mahajanga völlig ungestört vor sich hin. Bis sich 2018 ein deutsch-madagassisches Forscherteam auf den Weg machte, um die lang verschollene Art wiederzuentdecken. Es gelang ihnen – in einem Hotelgarten! Weshalb die Art so lange nicht beobachtet worden war, liegt vermutlich vor allem an der schlechten Erreichbarkeit der Halbinsel, auf der sie leben, und der Kurzlebigkeit der Tiere. Man geht davon aus, dass sie wie Furcifer labordi, einer nah verwandten Art, nur wenige Monate leben. Man kann sie daher nur zu einer bestimmten Jahreszeit finden.

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Fotos: Furcifer voeltzkowi, Männchen und Weibchen, fotografiert von Alex Laube

Das größte Chamäleon der Welt

Das größte Chamäleon der Welt

Internationaler Chamäleontag

Das größte Chamäleon der Welt – naja, eigentlich streiten sich mehrere Arten um den Titel. Drei Anwärter gibt es: Das Mellers Chamäleon (Trioceros melleri) aus Festland-Afrika, das Parsons Chamäleon (Calumma parsonii parsonii) aus Madagaskar und das Madagaskar-Riesenchamäleon (Furcifer oustaleti).

Das Mellers Chamäleon kommt in den Bergen Tansanias, Nord-Mosambiks und Malawis vor. Als Hauptverbreitungsgebiet ist der Berg Zomba bekannt. Das größte bisher vermessene Chamäleons dieser Art soll 76 cm von der Nasen- bis zur Schwanzspitze gemessen und 600 g gewogen haben. Das Parsons Chamäleon dagegen kommt an verschiedenen Orten der zentralen und südlichen Ostküste Madagaskars vor. Hier soll das größte bisher gemessene Chamäleon 72 cm gehabt haben, aber beim Gewicht gibt es sogar Messungen über 700 g. Schwerer ist das Parsons Chamäleon also auf jeden Fall, die Größe kommt bei einigen Tieren gut an das Mellers Chamäleon heran. Bleibt noch das Madagaskar-Riesenchamäleon. Es kommt auf fast 70 cm und gewichtstechnisch bleibt es trotz teils beeindruckenden Größen fast immer unter 500 g. Es muss sich trotz seines Namens also wohl mit Platz drei begnügen.

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Fotos:
Trioceros melleri
Creative Commons Attribution 4.0 International, fotografiert von John Lyakurwa
Calumma parsonii parsonii, Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International, fotografiert von Jialiang Gao
Furcifer oustaleti, Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International, fotografiert von Sharp Photography

Das kleinste Chamäleon der Welt

Internationaler Chamäleontag

Das kleinste Chamäleon der Welt ist zeitgleich auch der kleinste Amniot der Welt. Es heißt Brookesia nana – Nano-Chamäleon – und wurde erst 2021 entdeckt. Das ist bei seiner Größe auch gar nicht weiter verwunderlich – es wird nur 22 mm lang! Dabei ist das Männchen sogar noch etwas kleiner als das Weibchen, das mit 29 mm Gesamtlänge aber wahrlich auch kein Riese ist. Seine Heimat ist die Insel Madagaskar im Indischen Ozean, genauer im Sorata-Massif im Norden Madagaskars. Es lebt in Laubschichten am Fuße großer Bäume. Spannend ist auch noch eine andere Eigenschaft: Im Verhältnis zu seiner Körpergröße hat das Männchen dieser Art unglaublich große Hemipenes! Ja, Chamäleons haben zwei Penes statt einem einzigen Penis – praktisch, wenn mal einer kaputt geht. Aber beim Nano-Chamäleon betragen die Hemipenes 18,5% der gesamten Körperlänge. Das wäre beim Mensch so, als wäre der Penis bei einem 1,80 m großen Mann 33 cm lang.

Aber zurück zum Nano-Chamäleon selbst. Trotz seiner winzigen Größe pflanzt es sich wie viele andere Chamäleonarten über Eier fort, die im Laub abgelegt werden. Daraus schlüpfen noch winzigere Jungtiere, die sich von kleinsten Mikroinsekten am Boden ernähren. Insgesamt dürften die Winzlinge es jedoch relativ schwer im Regenwald haben, denn selbst jede Spinne ist größer als sie und sieht ein kleines Chamäleon sicher als willkommene Abwechslung auf dem Speiseplan.Tatsächlich ist die Hautpbedrohung für die kleinen Chamäleons aber der Mensch. Das Nano-Chamäleon ist vermutlich schon vor seiner Entdeckung vom Aussterben bedroht gewesen.

Die Entdeckung war damals ein ziemlich großes Ding. Überall wurde berichtet, zum Beispiel in Die Welt, auf National Geographic, bei Scinexx, im GoodNews Magazin oder bei der Frankfurter Allgemeine Zeitung. Die Original-Veröffentlichung findest du übrigens hier kostenlos zum Download. Und was wir bis heute noch nicht wissen: Gibt es vielleicht sogar noch ein kleineres Chamäleon? Nach Brookesia minima, Brookesia micra und Brookesia nana fehlt eigentlich nur noch Brookesia pika. Madagaskar hat ja schon einige Überraschungen bereit gehalten…vielleicht auch diese noch?

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Video: EndangeREX, Timon Glaw

Neue Hoffnung für das Tarzan-Chamäleon

Neue Hoffnung für das Tarzan-Chamäleon

Verbreitung Wissenschaft

Calumma tarzan, das Tarzan-Chamäleon, wurde erst 2010 beschrieben. Es wurde damals benannt nach seinem Fundort Tarzanville, einem kleinen Dorf in der Region Anosibe An’Ala im zentralen Osten Madagaskars. Auf Grund des bis dahin angenommenen sehr kleinem Verbreitungsgebiet wurde die Art auf der roten Liste der IUCN direkt als „vom Aussterben bedroht“ (critically endangered) eingestuft.

In den Jahren 2020 und 2021 haben madagassische Wissenschaftler an vielen weiteren Orten im Osten Madagaskars nach der Art gesucht – und sind prompt fündig geworden, wie eine aktuelle Publikation berichtet. Dazu suchten sie 46 Transekte von je einem Kilometer Länge in 23 verschiedenen Waldfragmenten ab. Weitere 28 Transekte von je 200 Meter Länge wurden untersucht, um die Populationsdichte einschätzen zu können.

Calumma tarzan konnte in 14 von 23 untersuchten Waldfragmenten gefunden werden. Keines dieser Vorkommen davon war zuvor bekannt. Die Art kam auf Höhen von 604 bis 1048 m vor. Die Populationsdichtenschätzung fiel sehr unterschiedlich aus. In einigen Gebieten leben nur 25 Chamäleons pro Hektar, in anderen mehr als dreimal so viele, nämlich 78.

Aktuell sind nur wenige der Waldfragmente geschützt. Die vorliegende Arbeit unterstreicht daher, wie dringend es ist, weitere Schutzgebiete in den östlichen Regenwäldern Madagaskars zu errichten. Nur so kann das Tarzan-Chamäleon noch gerettet werden.

New distribution records and population density of the critically endangered Tarzan chameleon (Calumma tarzan), eastern Madagascar
Alain J.V. Rakotondrina, Raphali R. Andriantsimanarilafy, Hanta J. Razafimanahaka, Achille P. Raselimanana, Rikki Gumbs, Caleb Ofori-Boateng, Jody M. Taft, Fanomezana M. Ratsoavina
African Journal of Herpetology, 2024
DOI: 10.1080/21564574.2023.2291358

Hautverfärbungen nach Mückenstichen

Hautverfärbungen nach Mückenstichen

Tiermedizin Wissenschaft

Manchmal beginnt Wissenschaft ganz klein: Auf der Onlineplattform iNaturalist postete jemand letztes Jahr ein Foto eines Calumma globifer, auf dem eine Stechmücke saß. Genau dort konnte man eine schwarze Verfärbung der Schuppen erkennen. Ob da wohl ein Zusammenhang bestand?

Eine Hand voll neugieriger Menschen suchte mehr Fotos von Stechmücken auf Chamäleons und wurde fündig: Auf Facebook gab es welche von Jemenchamäleons, auf iNaturalist weitere von Furcifer minor und Furcifer nicosiai. Allerdings fanden sich auch sechs Beobachtungen mit Stechmücken auf Chamäleons, bei denen keine schwarzen Punkte vorhanden zu sein schienen.

Um den Zusammenhang zu testen, setzen Wissenschaftler auf Madagaskar zwei Furcifer oustaleti und vier Teppichchamäleons jeweils alleine in ein Gehege mit 25 weiblichen asiatischen Tigermücken (Aedes albopictus), die man vorher 24 h nicht gefüttert hatte. Parallel wurden alle sechs Chamäleons mit einer Nadel in die Haut gestochen, um zu testen, ob auch dieses „Trauma“ einen Farbwechsel der Haut auslösen würde. Die Ergebnisse waren überraschend: Bei den vier Furcifer lateralis entstanden zahlreiche schwarze Hautverfärbungen nach Mückenstichen, bei den beiden Furcifer outaleti keine einzige. Die Punktionen mit der Nadel blieben bei allen sechs ohne Folgen.

Die Autoren des gerade veröffentlichten Artikels schlagen drei mögliche Theorien vor, wie die Farbveränderung in der Chamäleonhaut zustanden kommen könnte: Der Mückenspeichel könnte eine Art Lokalanästhetikum, Stickstoffmonoxid oder andere Proteine enthalten, die für das ausschließliche Sichtbarwerden der Melanophoren der Haut sorgen. Weitere Forschung in diesem Feld wäre sicherlich spannend!

Mosqito bite-induced color change in chameleon skin
Pablo Garcia, Raul E. Diaz Junior, Christopher V. Anderson, Tovo M. Andrianjafy, Len de Beer, Devin A. Edmonds, Ryan M. Carney
Herpetological Review 54(3), 2023, pp.353-358

Chamäleons in Bobaomby (Madagaskar)

Chamäleons in Bobaomby (Madagaskar)

Verbreitung Wissenschaft

Der Bobaomby-Komplex liegt am nördlichsten Zipfel Madagaskars, nördlich und westlich der größten Küstenstadt des Nordens, Antsiranana (französisch Diego Suarez). Er besteht aus Trockenwald auf Meeresniveau bis maximal 200 m üNN sowie ausgedehnten Savannen auf Karstgestein und verschiedenen Felsformationen. Bisher unterliegt die Gegend keinerlei Schutz.

Wissenschaftler aus Madagaskar führten 2018 Zählungen von Reptilien im Bobaomby Komplex durch. Gezählt wurde im Februar und März, also während der Regenzeit. Fünf verschiedene Orte wurden untersucht: Beantely, Antsisikala und Ambanililabe als Beispiele unterschiedlich stark zerstörten Trockenwalds, Anjiabe wegen seines intakten Trockenwalds und Ampombofofo mit relativ intaktem Wald. Um Tiere zu finden, wurde an 25 Tagen zum einen mit dem bloßen Auge tagsüber und nachts in ausgewählten Transekten gesucht, teils gezielt in geeignet erscheinenden Habitaten wie Blattachseln oder unter toten Baumstämmen, zum anderen wurden Fallgruben entlang aufgestellter Zäune genutzt.

Insgesamt wurden 42 Reptilienarten nachgewiesen. Alle davon, ausgenommen eine Gecko-Art, kommen ursprünglich nur auf Madagaskar vor, zwei weitere Gecko-Arten findet man inzwischen auch auf benachbarten Inseln. Bei den Chamäleons gibt es eine kleine Neuerung: Erstmals konnte das Erdchamäleon Brookesia ebenaui in Bobaomby, genauer in Beantely, nachgewiesen werden. Brookesia stumpffi und Furcifer petteri wurde in Beantely, Anjiabe und Ampombofofo gefunden. Furcifer pardalis und Furcifer oustaleti kamen wie erwartet im gesamten Bobaomby-Komplex vor.

Die Autoren schlagen vor, den Bobaomby-Komplex – insbesondere aber die drei Wälder, in denen die meisten Reptilien gefunden wurden, unter Schutz zu stellen, um die dortige Herpetofauna zu erhalten.

Overview of reptile diversity from Bobaomby complex, northern tip of Madagascar
Randriamialisoa, Raphali R. Andriantsimanarilafy, Alain J. Rakotondrina, Josué A. Rakotoarisoa, Nasaina T. Ranaivoson, Jeanneney Rabearivony, Achille P. Raselimanana
Animals 13: 3396, 2023
DOI:  10.3390/ani13213396

Foto: Furcifer petteri, männlich, im Norden Madagaskars, fotografiert von Alex Laube

Vortrag in Hamburg über Madagaskar

Vortrag in Hamburg über Madagaskar

Reiseberichte Vorträge

AG-Mitglied Lars Dwinger zeigt gemeinsam mit Jutta Dwinger am Freitag, den 15. September 2023, einen bilderreichen Vortrag in Schleswig-Holstein. Die beiden bereisten im letzten Jahr den Norden Madagaskars, der bekannt ist für seine extreme Artenvielfalt.

Los geht die Reise im Nationalpark Marojejy, der sich über die Schluchten und steilen Hängen des gleichnamigen Gebirges erstreckt. Dort gibt es extrem selten fotografierte Chamäleons, aber auch einen großen Artenreichtum an Fröschen, Schlangen und Geckos zu sehen. Danach führte die Reise über die Ostküstenstädte Sambava und Vohémar in den Trockenwald von Daraina. Als nächstes Etappenziel standen die weltberühmten Tsingys im Nationalpark Ankarana auf dem Plan. Selbst in diesen beiden Trockenwäldern findet sich viel kleines und großes Leben. Den Abschluss macht das Camping inmitten eines Chamäleonparadieses: Dem Montagne d’Ambre im hohen Norden Madagaskars. Zwischen winzigen Erdchamäleons, die gerade auf eine Fingerkuppe passen, und den sanften Riesen des Regenwaldes begegnen den beiden Hamburgern auf dieser Reise viele faszinierende Geschöpfe.

Lars und Jutta Dwinger Streifzug durch vier Nationalparks im Norden Madagaskars
Terrarien-Freunde-Hamburg e.V.
Vereinsheim des SC Condor (5 min vom U-Bahnhof Farmsen zu Fuß!)
Berner Heerweg 188
22159 Hamburg
Vortragsbeginn 18 Uhr

Foto: Brookesia betschi in Marojejy, fotografiert von Jutta Dwinger