In Sierra Leone im Westen Afrikas werden auch heute noch Teile von Tieren in der traditionellen Heilkunde verwendet. Welche genau und wofür, das haben nun zwei Wissenschaftler der Universität Nala untersucht.
Die Studie wurde in den Kommunalvolksgebieten („chiefdoms“) Kowa und Dasse zwischen März und Juli 2023 ausgeführt. Rund 24.000 Einwohner leben hier, fast alle von Landwirtschaft. Beide Gebiete liegen in der Region Moyamba im Osten Sierra Leones und sind bis auf vier urbane Regionen eher spärlich besiedelt. Die Wissenschaftler befragten 40 Personen und besuchten deren behandelte Patienten. Unter den befragten Personen befanden sich von der lokalen Bevölkerung ausgewählte Kräuterkundler, traditionelle Heiler, Fetischpriester sowie Geburtshelfer. Ortskundige Leute wurden zur vorkommenden Fauna befragt. Die verwendeten Tierbestandteile wurden, soweit möglich, fotografiert und beprobt.
Immerhin 17 der Befragten hatten eine weiterführende Schule nach der Grundschule besucht, 17 weitere jedoch gar keine schulische Bildung erhalten. Alle gaben an, die verwendeten Heilmethoden von ihren Vorfahren gelernt zu haben. 30 der 40 Befragten bestritten ihren Lebensunterhalt vom Einkommen aus der traditionellen Medizin und praktizierten seit rund 30 Jahren. Wenige gaben sogar Einkommen daraus an, es lag zwischen 2120 $ und 4230 $ im Jahr (der Durchschnitt eines Angestellten liegt in Sierra Leone bei 2900 $ im Jahr). Für die Heilkunde genutzt wurden 45 Tierarten, als Indikation wurden 40 Erkrankungen genannt. Die meistgenutzten Tiere, rund ein Drittel, waren Reptilien, dahinter kamen direkt Amphibien und Schnecken sowie Säugetiere. Primaten machten alleine bereits 10% der genutzten Tiere aus.
Chamaeleo gracilis wurde achtzehn Mal während den Befragungen als potenzielles Heilmitel aufgezählt. Es wird lokal „Duqui“ genannt. Seine Haut, Muskelanteile und Gedärme sollen das Erinnerungsvermögen verbessern. Außerdem wird es für diverse mystische Zwecke verwendet. Die meisten Teile werden gekocht gegessen.
Traditional medicines containing animal parts: Use in Kowa and Dasse chiefdoms, Southern Sierra Leone
Jonathan Johnny, Alhassan Bangura
Journal of Pharmacognosy and Phytochemistry 2024, 13(3): pp. 308-317
DOI: 10.22271/phyto.2024.v13.i3d.14972
Foto: Chamaeleo gracilis fotografiert von kogia, Lizenz Creative Commons Attribution 4.0 International